Bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, können ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung (AfA) geltend gemacht werden. Es kann jedoch auch eine kürzere Nutzungsdauer zugrunde gelegt werden, wenn ein entsprechendes Sachverständigengutachten vorgelegt wird. Das Bundesfinanzgericht setzte sich in einem aktuellen Erkenntnis mit den Anforderungen an ein solches Gutachten auseinander.

Schlüssiges Sachverständigengutachten

Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kann ein Abgabepflichtiger eine kürzere als die gesetzlich vorgesehene Gebäude-AfA von 1,5% (rd. 67 Jahren) geltend machen, wenn er eine kürzere technische Nutzungsdauer nachweist. Diese hängt bei neu errichteten Gebäuden in erster Linie von der Bauweise ab, während bei einem erworbenen Gebäude der Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbs maßgebend ist. Der Nachweis kann durch ein schlüssiges Sachverständigengutachten über den technischen Bauzustand des Gebäudes erfolgen.

Finanzamt erkannte Gutachten nicht an

Im gegenständlichen Verfahren erwarb ein Ehepaar im Jahr 2017 eine Liegenschaft, in der sich im Erdgeschoss eine Bankfiliale und im Obergeschoss zwei leerstehende Wohnungen befanden. Über die Bankfiliale wurde ebenfalls im Jahr 2017 ein Mietvertrag abgeschlossen. Die steuerliche Restnutzungsdauer des gesamten Gebäudes wurde mit 30 Jahren angesetzt und als Nachweis für diese kürzere Abschreibungsdauer ein Verkehrswertgutachten aus dem Jahr 2014 vorgelegt.
Das Finanzamt erkannte das Gutachten jedoch nicht an, da es lediglich zur Ermittlung des Verkehrswerts diente und dieser ausschließlich nach dem äußeren Augenschein des Objekts ermittelt wurde. Insbesondere sei darin keine Darstellung und keine Berechnung einer technischen Restnutzungsdauer vorgenommen worden. Ein Nachweis für die Abweichung von der gesetzlich normierten Nutzungsdauer sei durch das Ehepaar demgemäß nicht erbracht worden. Die vom Ehepaar erhobene Beschwerde gegen den Bescheid wurde dem Bundesfinanzgericht (BFG) vorgelegt, wobei dafür ein weiteres Gutachten über die Nutzungsdauer des Gebäudes mit Bewertungsstichtag zum 1.1.2019 erstellt wurde.

Kein Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer

Allerdings kam auch das BFG zum Ergebnis, dass durch die vorgelegten Gutachten kein Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer gelungen sei. Die Gutachten wurden vom BFG einerseits aus zeitlicher Hinsicht nicht anerkannt, da sie mehr als drei Jahre vor oder zu einem Stichtag mehr als ein Jahr nach dem Liegenschaftserwerb erstellt wurden. Inhaltlich rügte das Finanzministerium die Gutachten, da sie keine Aussagen zum Bauzustand des Gebäudes enthalten und nicht ausgeführt wird, wie sich die getroffenen Feststellungen auf die Restnutzungsdauer des Gebäudes auswirken.
Es wurde weder eine Untersuchung der Bausubstanz noch der technischen Einrichtungen vorgenommen. Es erfolgten insbesondere keine Feststellungen zu relevanten Faktoren der tragenden, konstruktiven Bauteile (z.B. Qualität der verwendeten Baustoffe, Dauerhaftigkeit des Rohbaus, Güte der Ausführung, die Qualität der Planung, der Statik und der Bauausführung). Die Beschreibung des Gebäudes beruhte lediglich auf kurzen, sehr allgemeinen Ausführungen hinsichtlich des Fundaments, der Fenster, der Heizung und des Daches.

Hinweis
Soll bei einem vermieteten Gebäude von der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer in Höhe von 1,5% abgegangen werden, muss ein entsprechendes Sachverständigengutachten erstellt werden. In diesem Gutachten muss unbedingt auf den Gesamtzustand des Gebäudes, insbesondere dessen tragende Teile, eingegangen werden. Finden sich hingegen in einem Gutachten keine hinreichenden Aussagen über den Bauzustand, keine Feststellungen zur Qualität der Bauausführung oder zu allenfalls bereits bestehenden Schäden, ist es nicht geeignet, eine kürzere Abschreibungsdauer zu stützen.

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